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Landwirtschaft:  
 

Um 1800, zur Zeit der Helvetischen Republik, waren über 80 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Die Bauern produzierten damals vor allem Brotgetreide für den Eigenbedarf und es wurde nur relativ wenig Vieh gehalten.

Noch aus dem Mittelalter stammte die Dreizelgenwirtschaft. Das heisst, die gesammte Ackerfläche einer Dorfgemeinschaft war in drei gleich grosse Flächen (Zelgen) unterteilt, die in einem dreijährigen Zyklus bestellt wurden:

Zelg A:
Zelg B:
Zelg C:
1. Jahr:
Sommergetreide
Wintergetreide
Brache
2. Jahr:
Wintergetreide
Brache
Sommergetreide
3. Jahr:
Brache
Sommergetreide
Wintergetreide
4. = 1. Jahr:
Sommergetreide
Wintergetreide
Brache

 

Mit der Dreizelgenwirtschaft wurde sichergestellt, dass in jedem Jahr genügend Sommergetreide und genügend Wintergetreide geerntet werden konnte.

 
  Buntbrachen ersetzen heute als ökologische Ausgleichsflächen die Brachen früherer Jahrhunderte und helfen der sogenannten Ackerbegleitflora zu überleben.
(Foto: Grün Stadt Zürich)

Auf der Brache wurde kein Getreide angebaut, dort liess man das Vieh weiden oder pflanzte teilweise sogenannte Schmalsaat (Ackerbohnen und Hülsenfrüchte). Dadurch konnte sich der Boden regenerieren.

Die Brache war aber auch der Lebensraum für eine Vielzahl von Wildpflanzen und Tieren, die sich dort während Jahrhunderten auf rund einem Drittel der Landwirtschaftfläche ausbreiten konnte.

Bereits im 18. Jahrhundert lieferten neu gewonnene Erkenntnisse den Anstoss zu einer Intensivierung und Modernisierung der Landwirtschaft. 1761 gelangte der Züricher Stadtarzt Hans Caspar Hirzel mit seiner Schrift "Die Wirtschaft eines philosophischen Bauern" zu europaweiter Berühmtheit. Er beschrieb, wie der Grossbauer Johann Jakob Guyer, genannt Kleinjogg, seinen Hof in Rümlang bewirtschaftete. Das Revolutionäre an dieser neuen landwirtschaftliche Betriebsform war das gezielte Düngen des Bodens:

  • Die Brache wurde nicht mehr sich selbst überlassen, sondern bewusst mit Stickstoff-anreichernden Pflanzen (Klee oder Esparsette) bepflanzt, welche zudem als Viehfutter dienten.
  • Die Viehhaltung wurde intensiviert. Das Vieh wurde auch im Sommer im Stall gehalten, um Mist und "Gülle" (Jauche) als Dünger für die Felder sammeln zu können.

Die politische, rechtliche und ökonomische Verhältnisse im damaligen Stadtstaat Zürich und der übrigen Schweiz verhinderten zunächst den Übergang zu einer modernen Landwirtschaft. Erst die Helvetische Revolution (1798) und die Neuerungen der nachfolgenden Epochen veränderten die Rahmenbedingungen und ermöglichten im Laufe des 19. Jahrhunderts eine radikale Modernisierung und Intensivierung der Landwirtschaft.

 
Die Feldlerche (Alauda arvensis) konnte sich nur dank der Landwirtschaft verbreiten.
(Foto: Zürcher Vogelschutz, ZKV)
 

Diese Agrar-Revolution des 19. Jahrhundert war verbunden mit dem Wechsel von der Produktion für den Eigenbedarf zu einer Produktion für den Markt (Verkauf). Um 1800 hatte die Schweiz etwa 1,8 Mio. Einwohner, davon waren über 80 % in der Landwirtschaft tätig. Am Ende des 19. Jahrhunderts war die Wohnbevölkerung auf rund 3,3 Mio. angewachsen, aber nur noch 31 % der Erwerbstätigen arbeiteten in der Landwirtschaft.

Mit dem Aufkommen der Eisenbahnen und grosser Überseeschiffen ab etwa 1870 nahm der Import von billigem Getreide in die Schweiz zu und die Preise fielen. Die Landwirtschaft geriet in eine Krise und die Bauern mussten nach einem Ausweg suchen. Sie stellten zunehmend auf Milch- und Fleischproduktion um, was schliesslich zu einem eigentlichen Zusammenbruch des Getreideanbaus führte. Zwischen 1850 und 1914 sank in der Schweiz die Getreideanbaufläche von 300'000 ha auf 105'000 ha.

 

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  Literatur:
Hans Popp (2000) Das Jahrhundert der Agrarrevolution. Schweizer Agrarmedien GmbH, Bern